Josef Madersperger ( * 1768 Kufstein, † 2.10.1850 Wien) erlernt den Beruf des Schneiders und arbeitet später in Wien. In der Stadt sind Gegensätze typisch. Adel und Großbürgertum leben im Wohlstand, andererseits herrscht Massenelend. Medien bezeichnen Madersperger als Erfinder, Pionier, Mann mit zündenden Ideen. Seine Idee? Sie hört sich zutiefst menschlich an. Schneiderei ist vor allem mühevolle Handarbeit. Bis ein fertiger Artikel präsentiert werden kann, bedarf es fleißiger, oft stundenlanger pausenloser Arbeit. Vor allem Handnäherinnen in beachtlicher Anzahl erledigen hier Tätigkeiten. Was liegt näher, als einzelne Arbeitsschritte zu modernisieren, zu mechanisieren? Er will mit einer maschinellen Konstruktion das Schneiderhandwerk erleichtern. Nähen soll kostengünstiger, schneller, unabhängiger werden!
Vorbilder und vorauseilende Erfindungen, die nähende Hand
Vorbilder, Vordenker und Erfindungen gibt es bereits. Ein Patent zum Beispiel, eingereicht 1755 von Charles Weisenthal. Es wird beschrieben mit einer Nadel zum mechanischen Nähen. Robert Alsop, Thomas Saint, John Duncan, Thomas Stone und James Henderson sind einige große Namen innovativer Menschen. Sie tragen sich mit ähnlichen Gedanken, ersinnen neuartige Mechaniken. Ein riesiger Fortschritt besteht darin, das Nadelöhr von der Mitte auf eine Spitze der Nadel zu verlegen. Ja, richtig. Mit der Idee ist er nicht allein. Lange Zeit hat der kreative Kopf Madersperger ein eigenes Vorbild. Die nähende Hand dient ihm dafür! Bis er erkennt, dass ein anders Prinzip sich als Vorbild besser eignen sollte.
Seine Prototypen und endlich ein Patent
Die Lösung Josef Maderspergers: An zahlreichen Tagen verbessert er, entwickelt, ersinnt, schreibt auf, zeichnet. Er lässt Prototypen entstehen, ändert die Mechanik. Dem geborenen Österreicher gelingt die Konstruktion einer Maschine, die eine Naht herstellen kann. Sein Wunsch ist ihm überaus wichtig. Er steckt Unmengen an Zeit und gigantische Summen in die Umsetzung seines Wunsches. 1815 gelingt ihm ein wunderbarer Schritt nach vorn. Seine Maschine arbeitet mit zwei Nadeln und zwei Fäden. Er erhält ein erstes Patent in Österreich.
Im Austria-Forum (*) steht: „…daß anno 1817 in der Wiener Zeitung zu lesen stand, die Erfindung würde „alle Arbeiten der Nähterey mit einer die menschliche Handarbeit bey weitem übertreffenden Schnelligkeit und Genauigkeit verrichten“. Die Maschine war „in einem niedlichen Kasten eingeschlossen“, sie war mit einer Kurbel zu betätigen. Um „dreyzehn bis sechszehn solcher Triebwerke in Tätigkeit zu erhalten, ist eine Person, welche die Nadeln zu wechseln und neue Stoffe einzulegen, und eine andere, um alle diese Triebwerke mit einem Kraftaufwand von 3 1/2 Pfund in Bewegung zu setzen, hinreichend“. Das „Nähgerät“ von Mardersperger wird als gebrauchstüchtig beschrieben. Zu bewundern ist es im Technischen Museum in Wien.
Würdigung und Anerkennung
Vielleicht ist er seiner Zeit voraus, vielleicht bleibt ihm ein Quäntchen Glück verwehrt. Seine Maschine schafft es nicht, in die Produktionsreife zu kommen. Das Patent erlischt. Madersperger bezahlt keine Gebühr. Er lässt sich nicht beirren und forscht weiter. 1839 übergibt er sie dem kaiserlich-königlichen Polytechnischen Institut in Wien. Später erhält er eine Medaille in Würdigung seiner Leistung vom niederösterreichischen Gewerbeverein. Wovon er zu jener Zeit lebt, darüber ist heute wenig bekannt. Er ersucht um eine Konzession als Obsthändler. Sein Grab findet sich auf dem St. Marxer Friedhof. Es gibt ein Denkmal in Wien und in Kufstein, Straßen tragen seinen Namen.
Viele Jahre vergehen, bis in der Mitte des 19. Jahrhunderts der Amerikaner Elias Howe mit der Serienproduktion von Nähmaschinen beginnt. Es gibt Menschen, die ihm dafür mit Abneigung begegnen und seine Werkstatt zerstören. Die Geschichte nimmt ihren Lauf, aufhalten lässt sie sich nicht. Begründer der Pfaffschen Nähmaschinenfabrik wird später ein Instrumentenmacher…
2023-02-17, Timea Hiller
* TU Graz, Kategorie: Austria-Forum, Biographien Madersperger, Josef